Krise der Medien - Paywall des Grauens
Wie konsumieren wir heute eigentlich Medien, insbesondere Nachrichten? Wenn ich von mir selbst ausgehe, dann ist das eine Mischung aus Online-Nachrichtenportalen wie spiegel.de und ähnliche. Außerdem lese ich noch den gedruckten Spiegel, der einmal wöchentlich erscheint und in Zeiten des Online-Journalismus immer etwas herrlich anachronistisches hat.
Weil die Welt so schnelllebig ist, dass die Gegenwart den Redaktionsschluss einfach überrollt. Weil ich oft Artikel erst Tage (oder Wochen) nach Erscheinen lese; das fühlt sich dann oft wie ein Blick in die Vergangenheit an, zeigt aber auch, wie wichtig es ist, manchmal inne zu halten und sich Zeit für Themen zu nehmen.
Ich finde, das gedruckte Heft ist nach wie vor ein guter Gegenpol zur Online-Flutwelle, in der jegliche Meldung zwei Stunden später bereits aus der Timeline verschwunden ist.
Aber natürlich ist das News-Medium der Wahl der Online-Journalismus. Und der muss sich für die Verlage in irgendeiner Weise lohnen. Werbung ist eine mögliche direkte Einnahmequelle, die zweite ist die Paywall. Wer lesen möchte, soll bitte zahlen. Und hier treffen zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite der moderne News-Konsument, der schnelle Information wünscht und auf der anderen Seite der Verlag, der Kunden wie früher in ein längeres Abonnement binden möchte.
Zeitungsabo 2025?
Und das passt nicht zusammen.
Wer möchte bitte, weil ihn ein Artikel seiner regionalen Heimatzeitung interessiert, ein Abo für 10€ abschließen? Eines, das man dann wieder nur hoch umständlich kündigen kann (inkl. versteckter Mail-Adressen oder Anrufen mit Kundenbindungsgespräch)? Ja, natürlich ist das eine Umstellung für die Verlage. Einzusehen, dass die Leser jetzt User sind und sich nicht mehr ohne Weiteres an ein Abo binden lassen wollen. Ja, die Streaming-Dienste haben in den letzten Jahren das Gegenteil bewiesen. Allerdings gab es am Markt zunächst nur wenige Anbieter und der Preis war günstig. Hier sehen wir jetzt auch die Gegenbewegung. Immer mehr Anbieter zu immer höheren Preisen. Der User wir zwangsläufig eine Auswahl treffen müssen und sich für das für ihn beste Angebot entscheiden. Ja, man wird nicht mehr jeden Film, jede Serie und jedes Spiel sehen können. Außer, man wechselt häufiger und das ist ja durchaus leicht möglich.
Bei News-Portalen ist es schlimmer. Die Medienlandschaft ist riesig (und das ist gut so) und an jeder Ecke knallt man an eine Paywall. Möchte ich mich so umfasssend informieren, wie ich das gerne tue, bräuchte ich geschätzt zehn Abos gleichzeitig, zahle dann aber für 90% Artikel, die sich entweder wiederholen (dpa-News-Meldungen) oder Artikel, die mich nicht interessieren.
Für den User sind diese Paywalls das reine Grauen. Entweder er wird arm oder er liest nur Teaser (oft von zweifelhafter Click-Bait-Qualität).
Die Lösung? Micro-Transactions
Kann man das Dilemma auflösen? Also, den User informieren und gleichzeitig Geld verdienen ohne Abos? Ich glaube, dass das geht - mit Micro-Transactions. Aus der Gaming-Industrie wissen wir, dass das ganz hervorragend funktionieren kann. Der User kauft sich für einen kleinen (aber flexibel anpassbaren Betrag) etwas, das ihn instant befriedigt. In den Medien wäre das ein Artikel, ein News-Meldungspaket, ein Tag, eine Woche, ein Monat Zugang. Ohne Abo! Artikel ab 20 Cent bis hin zu 3 oder 5 Euro. Am besten noch mit dem Hinweis, wie lange der Artikel ist, den man sich da kauft um abzuschätzen, ob das Investment sich auch lohnt.
Beweisen kann ich es nicht, aber ich gehe davon aus, dass Menschen das nutzen würden. Und vor allem wären wir dann höchstwahrscheinlich einen Schritt weiter in der medialen Mündigkeit der Bürger. Weil mehr Menschen echte Artikel von echten Journalisten lesen würden, sich nicht nur auf Teaserlesen beschränken und weniger Zeit mit dem Konsumieren von fragwürdigen Inhalten verbringen würden (die übrigens, oh Wunder!, immer kostenlos sind…).
Liebe Verlage: Probiert es doch einfach mal aus!